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Charité Berlin: Spitze in Medizin, Forschung und Digitalisierung


20. August 2021


Die Charité investiert massiv in die Digitalisierung. Nun hat sie zusammen mit Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH – die digitale Behandlungsakte eingeführt. Für gemeinsam behandelte PatientInnen lassen sich damit Dokumente wie Arztbriefe, Röntgenbefunde oder Laborwerte direkt zwischen den Kliniken elektronisch austauschen. Dies ist ein entscheidender Schritt, um die Vernetzung medizinischer Institute voranzubringen.

Um die digitale Patientenakte wurde und wird viel gestritten, aber sie ist nur ein Aspekt der Digitalisierung. Die Charité zeigt, was alles möglich ist, wenn man die Digitalisierung konsequent angeht. Ich habe deshalb mit Martin Peuker, CIO und Leitung Geschäftsbereich IT an der Charité offen über die neue Digitalisierungsstrategie der Uni-Klinik, aktuelle Projekte und das Thema Interoperabilität und Standardisierung von Daten gesprochen. Und überraschende neue Erkenntnisse gewonnen.

Die Charité spielt mit Professor Drosten eine bedeutende Rolle in der Pandemie. Können Sie uns die Charité ein wenig näher vorstellen? 

Martin Peuker, CIO und Leitung Geschäftsbereich IT an der CharitéMartin Peuker: “Die Charité steht seit rund 300 Jahren im Dienst der Kranken – mit derzeit rund 18.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Letztes Jahr haben wir trotz Einschränkungen durch die Pandemie mehr als 800.000 Patientinnen und Patienten stationär und ambulant behandelt. Für die Region Berlin-Brandenburg hat die Charité also eine enorme Bedeutung. Der Gesamtumsatz inklusive Lehre lag 2020 bei 2,2 Milliarden Euro. Seit langem ist die Charité Weltspitze in der Forschung. Jetzt wollen wir das auch in der Digitalisierung werden. Denn schließlich ist die IT schon in unserem Namen das Herzstück der CharITé.” (Martin Peuker schmunzelt).

 

Digitalisierung steht also ganz oben auf der Agenda. Das oberste Management der Charité – Verzeihung CharITé – hat mit „Rethinking Health – wir denken Gesundheit neu“ 2020 die Digitalisierungsstrategie neu definiert. Was sind die Kernpunkte?

Martin Peuker: “Ein Top-Ziel ist die digitalisierte Universitätsmedizin. Unser Anspruch ist, eine datengetriebene Medizin zu etablieren – auf Basis modernster Technologien. Unser Vorstandsvorsitzender hat in unserem Leitfaden klar formuliert: „Alles, was nicht mehr durch Menschenhand erbracht werden muss, soll digitalisiert werden.“ Dafür werden auch Budgets freigegeben. Vor vier Jahren war es noch deutlich schwieriger, Gelder und Ressourcen für Digitalisierungsprojekte zu bekommen. Das hat sich glücklicherweise komplett gedreht – nicht nur in der Charité, sondern in allen Kliniken in Deutschland. Neben der Forschung spielen auch Themen wie das Krankenhausinformationssystem für das Ärzte-Team und die Pflegekräfte sowie der Krankenversorgungskontext eine wichtige Rolle.”

Seit langem ist die Charité Weltspitze in der Forschung. Jetzt wollen wir das auch in der Digitalisierung werden.

Die IT hat also jede Menge Aufgaben auf ihrer Agenda. Wie sind Sie in der Charité dafür aufgestellt?

Martin Peuker: “Wir haben jetzt 200 IT-Mitarbeitende und sind gerade in der jüngsten Zeit stark gewachsen. Es gibt einen zentralen IT-Bereich, in dem interne IT-Ressourcen zusammengeführt wurden. Das Team haben wir verstärkt durch neue Fachkräfte, die von außen kommen und frisches Know-how mitbringen. Die Bereitschaft zu investieren ist derzeit vorhanden. Jüngst hat die Charité in ihrem Mission Paper bekannt gegeben, jährlich vier Prozent des Gesamtumsatzes in die Digitalisierung und in die IT zu investieren. Dennoch sind die Mittel knapp – angesichts der großen Dimensionen der Projekte. Hier ist die Politik gefordert, Finanzierungsmodelle für IT- und Infrastruktur zu finden. Bislang gibt es nur punktuelle Hilfen und nur für eine kurze Dauer. Ergänzend gefragt sind nachhaltige Töpfe, die die Digitalisierung weiter voranbringen.”

Kommen wir zum Nutzen für das Personal und die Kranken. Wie ist die User Experience?

Martin Peuker: “In 90 Prozent der Fälle passen die Anwendungsszenarien nicht. Die Patientenbehandlung erfolgt noch immer auf Papier. Und jede Abteilung hat eigene IT-Systeme, die den Datenfluss der Patientendaten ausbremsen. Es macht einfach keinen Spaß, so zu arbeiten. Das gilt für alle Krankenhäuser deutschlandweit. Hinzu kommt: Die jungen Kollegen und Kolleginnen wollen nicht mit veralteter IT ausgebildet werden. Das ist ein wesentlicher Faktor, an dem wir arbeiten.”

Neben Ihrer Hauptaufgabe in der Charité sind Sie ja in vielen weiteren Clustern zum Thema Digitalisierung vertreten. Um welche Themen geht es da?

Martin Peuker: “Das Schlagwort lautet Interoperabilität. Das heißt konkret: Daten sollen nicht nur in der Charité erhoben werden und klinikweit zur Verfügung stehen. Auch der Austausch mit niedergelassenen Arztpraxen oder anderen Krankenhäusern und Einrichtungen muss gewährleistet sein. Ein Pilotprojekt mit Vivantes haben wir gerade gestartet. Wir wollen nicht länger PDFs durch die Gegend reichen. Wir müssen Standard-Formate und standardisierte Schnittstellen entwickeln, um Daten direkt auszutauschen. Denn genau das brauchen wir als Grundlage für die Erforschung von seltenen Krankheiten: Selbst wenn wir in der Charité jedes Jahr 800.000 Patientinnen und Patienten behandeln, kommen diese Krankheiten auch bei uns im Hause sehr selten vor. Und das bedeutet nur geringe Fallzahlen – zu gering, um statistisch relevante Ergebnisse zu bekommen. Ein Krankenhaus allein ist eben viel zu klein. Wir müssen also kooperieren. Nur so werden wir Lösungen finden, um auch seltene Erkrankungen behandeln zu können. Es braucht daher mindestens nationale, besser noch europäische oder weltweite Initiativen. Dabei müssen die Datenformate zusammenpassen. Und das tun sie – Stand heute – nicht.”

Wie schaffen Sie es, die Mitarbeitenden, die Menschen mitzunehmen und für die Digitalisierung zu begeistern?

Martin Peuker: “Im Rahmen der Digitalisierung nur Budgets zu verteilen, ist sicher nicht der richtige Weg. Digitalisierung muss auf einer durchdachten Strategie fußen und top down mit Überzeugung gelebt werden. Nur so sehen und übernehmen alle Mitarbeitenden den neuen Spirit.”

Das ausführliche Gespräch und Einblicke zur Digitalisierung bei den Sana KJinken finden Sie in der zweiten Folge unseres Video-Formats #DeutschlandDigital.

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