Kann es nachhaltige IT-Infrastrukturen in der öffentlichen Verwaltung geben? Welchen Beitrag leistet die IT-Infrastruktur zur Nachhaltigkeit? Und welche Verantwortung liegt bei den Betreibern und Nutzern von IT-Infrastrukturen? Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ökonomische, soziale und ökologische Belange miteinander zu verbinden und im Idealfall gleichberechtigt zu fördern. Mit diesem Ansatz zur Nachhaltigkeit tragen sie zu Wohlstand und Umweltschutz bei.
Aber was wird unter nachhaltiger IT-Infrastruktur verstanden?
Um eine Definition von nachhaltiger IT-Infrastruktur zu entwickeln, versuche ich, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – auf die Belange der IT-Infrastruktur zu übertragen.
Für die ökologische Dimension einer nachhaltigen IT-Infrastruktur sollten folgende Punkte gelten:
- Eigentümer, Betreiber und Nutzer setzen auf erneuerbare Ressourcen.
- Rohstoffen, die nicht zu Lasten der Umwelt gehen werden verwendet.
- Der Betrieb der IT-Infrastruktur ist auf Energieeffizienz ausgerichtet.
- Anfallende Abfälle werden wiederverwendet, ohne die Umwelt zu belasten.
Für die soziale Dimension sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
- MitarbeiterInnen arbeiten unter fairen, sozialen und sicheren Bedingungen.
- Die Arbeitsbedingungen stellen kein Risiko für die Sicherheit und Gesundheit dar.
- IT-Produkte werden unter Einhaltung der Menschenrechte und nicht durch Kinder- oder Zwangsarbeit hergestellt.
- Generell gilt es für alle Generationen nachhaltige Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Für die ökonomische Dimension sind folgende Punkte zu beachten:
- Die Wirtschaftlichkeit von Arbeitsprozessen wird gewährleistet.
- Innovationen für eine nachhaltige Entwicklung werden von der Politik unterstützt und gefördert.
- Die Preise spiegeln den tatsächlichen Wert wider.
- Der nächsten Generation wird ein funktionierendes Wirtschaftswachstum mit ausreichenden Ressourcen hinterlassen.
Nachhaltigkeit in der IT
Um Nachhaltigkeit bei der Nutzung von IT-Infrastrukturen zu erreichen, spricht man von “Nachhaltigkeit in der IT”. Soll hingegen die IT-Infrastruktur genutzt werden, um Lösungen zur Einsparung von Energie, Ressourcen etc. bereitzustellen, so spricht man von “Nachhaltigkeit durch IT”. Im Folgenden möchte ich die aus meiner Sicht relevanten Anforderungen an nachhaltige Produkte darstellen. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit oder maximale Relevanz erhoben. Vielmehr geht es darum, einen ersten Eindruck zu vermitteln. Es versteht sich von selbst, dass es in Zukunft weitere technische Möglichkeiten und Lösungen geben wird, die es kontinuierlich zu bewerten gilt.
- Leistungsstarke Chip-Sets ermöglichen es, die Leistung bei halbem Stromverbrauch zu verdoppeln. Statistiken zeigen, dass Geräte die mit “Silicon One Chipsets” entwickelt wurden, eine bis zu 163-fache Steigerung der Energieeffizienz im Vergleich zu Vorgängermodellen mit alter Chiptechnologie aufweisen. Erwähnenswert ist auch die Reduzierung der physischen Größe dieser Technologie, die auch zur Einsparung des Materialverbrauch führt.
- Mehrphasenkühltechniken ermöglichen die Ableitung der Wärmeleistung von Switches und Routern.
- Verzicht auf Farbe – Keine ölbasierte Nasslackierung von Produktgehäusen. Diese Designänderung ermöglicht erhebliche Kosteneinsparungen, erleichtert die Wiederverwertbarkeit, verringert Treibhausgasemissionen und eliminiert gefährliche, flüchtige, organische Verbindungen.
- Die Verwendung von recyceltem Kunststoff bei Netzwerk-Endgeräten führt zur Einsparung von neuem Kunststoff.
- Leistungsstarke Netzkomponenten erzeugen Wärme, so dass Lüfter erforderlich sind, um die Komponenten kühl zu halten. Moderne Systeme sind mit intelligenten Lüftern ausgestattet, deren Drehzahl mit Algorithmen innovativer Sensoren gesteuert wird, damit die Lüfter nicht mehr Energie als nötig verbrauchen.
- Modulare und erweiterbare Hardwarekonzepte ermöglichen es, Komponenten hinzuzufügen oder aufzurüsten, um den aktuellen Anforderungen der Kunden zu entsprechen, und verlängern so die Lebensdauer des Produkts.
Nachhaltigkeit durch IT
Werfen wir einen Blick darauf, wie durch den Einsatz von IT-Lösungen Energie und Ressourcen eingespart werden können. Viele berufliche Tätigkeiten müssen nicht zwingend in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers erfolgen. Moderne Videotelefonie oder Videokonferenzen ermöglichen es Unternehmen, die Treibhausgasemissionen durch vermiedene Flugreisen und das Pendeln zum Arbeitgeber zu reduzieren.
Gebäude gehören zu den größten Energieverbrauchern: Der Gebäudesektor ist für fast 40 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich und damit ein wichtiger Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Mit intelligenten Gebäuden und Städten entstehen Lösungen, die es ermöglichen den Energieverbrauch stark zu reduzieren.
Nachhaltige IT-Beschaffung
Seit Jahrhunderten haben Unternehmen ein lineares Modell verfolgt: Produkte entwerfen, bauen und ausliefern. Nach der Nutzung werden diese Produkte entsorgt. Die nachhaltige IT-Beschaffung umfasst einen ganzheitlichen Ansatz, der von der Art und Weise, wie die Produkte entworfen, hergestellt und ausgeliefert werden, bis hin zur Bewertung vorhandener Ressourcen und ihrer Umwandlung in neue Produkte reicht. Diese Fähigkeit zur Kreislaufwirtschaft sollte bei der Wahl des Herstellers berücksichtigt werden.
Exzellenz in der Lieferkette: Dieser Grundsatz konzentriert sich auf die Nachhaltigkeit der Lieferkette, einschließlich der Verringerung des Materialverbrauchs, der Reduzierung fester Abfälle aus dem Betrieb und der Eindämmung der Wasserverschwendung. Mögliche Faktoren zur Überprüfung der Nachhaltigkeit einer Lieferkette sind: Nachweis von Nachhaltigkeitszielen, Einhaltung von Verhaltenskodizes, Bereitstellung von Verfahren zur Wiederaufbereitung/ Wiederverwendung/Recycling/Mischung/Ersatz von kritischen Rohstoffen, Einhaltung der Menschenrechte u.v.m.
Wiederverwendung, Reparatur und Recycling von Produkten, machen es den Kunden leicht, gebrauchte und Produkte am Ende ihrer Lebensdauer kostenlos zurückgeben.
Die Verwendung von Umweltsiegeln wird zunehmend an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammenhang sollten nicht nur eindimensionale Energieeffizienzindikatoren berücksichtigt werden, sondern beispielsweise auch nachhaltiges Engagement, die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen, Innovation durch Verlängerung des Lebenszyklus von Produkten, die Menge der freiwillig zurückgenommenen Geräte und die Menge des erzeugten Elektronikschrotts.
Nachhaltige Designs für die IT-Infrastruktur
Einfach strukturierte und skalierbare IT-Infrastrukturen mit abgestimmten Prozessen ermöglichen ein optimales Zusammenspiel von Mensch, Prozess und Technologie. So können Synergien genutzt und Redundanzen vermieden werden. Je übersichtlicher das IT-System aufgebaut und konfiguriert ist, desto mehr Einsparpotenziale sind möglich. Auch der richtige und effiziente Einsatz von IT-Systemen mit automatisierten Prozessen hilft dabei, Kapazitäten und damit den Energiebedarf zu minimieren. Die von mir dargestellten Beispiele dienen als Anregung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Automatisierung in der IT-Infrastruktur ermöglicht, dass regelmäßige IT-Prozesse entsprechend standardisiert ablaufen. Dadurch werden freigewordene Kapazitäten ideal genutzt und die Systeme bedarfsgerecht dimensioniert oder auch reduziert. Durch eine standardisierte Gestaltung der IT-Infrastruktur laufen Arbeitsabläufe immer gleich ab. Dadurch werden die Prozesse optimiert und es wird weniger Rechenleistung benötigt.
IT-Dienste gibt es in verschiedenen Formen: vor Ort, in einem Rechenzentrum als Service, Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und Software as a Service (SaaS). Bei der Umstellung auf XaaS Stukturen verringert sich in der Regel die Anzahl der Rechenzentren und damit auch die Anzahl der Geräte einschließlich ihres Stromverbrauchs.
Durch Virtualisierung und Konsolidierung mehrerer Server auf einem einzigen Server kann nicht nur eine optimalere Auslastung der Server erreicht, sondern auch der Energiebedarf gesenkt werden.
Unternehmerische Verantwortung für nachhaltige IT
Als Teil einer nachhaltigen IT-Infrastruktur sollten Unternehmen verantwortungsvoll, sozial und fair handeln. In diesem Abschnitt möchte ich Möglichkeiten aufzeigen, die in jede Unternehmensstrategie aufgenommen und konsequent und ganzheitlich umgesetzt werden können.
Unternehmen sollten mit Herstellern zusammenarbeiten, die ein Rücknahme- und Recyclingprogramm anbieten, um einen zuverlässigen Entsorgungsprozess abzubilden, der die Einhaltung von Umweltstandards und -vorschriften gewährleistet.
Bewusste Kultur: Dieser Grundsatz basiert auf der Vertrauenswürdigkeit und dem ethischen Verhalten von Mitarbeitern, Lieferanten und Partnern. Dazu gehören die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, die Priorisierung von Zielen der Vielfalt und Integration, die Bereitstellung von Leistungen für die Mitarbeitergemeinschaft und die positive Beeinflussung lokaler Gemeinschaften. Vertrauen und Verantwortung: Dieser Grundsatz konzentriert sich auf Geschäftsethik und Integrität, Datensicherheit und Datenschutz, digitale Rechte und Integration.
Fazit
Die Förderung der nachhaltigen Entwicklung ist eine zentrale Aufgabe für den gesamten öffentlichen Sektor. Sie betrifft auch die Betreiber und Nutzer der IT-Infrastruktur in der öffentlichen Verwaltung. Schätzungen zufolge sind IT-Infrastrukturen derzeit für rund 2-3 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich – mit steigender Tendenz. Damit steigt die Bedeutung einer nachhaltigen IT-Infrastruktur. Diese kann helfen, mehr Nachhaltigkeit direkt (Nachhaltigkeit in der IT) durch den Einsatz nachhaltiger Produkte oder indirekt (Nachhaltigkeit durch IT) durch IT-Lösungen umzusetzen.
Effizienzsteigerung durch optimierte Prozesse, nachhaltige IT-Beschaffung und unternehmerische Verantwortung sind weitere Möglichkeiten, Nachhaltigkeit zu adressieren Das Potenzial der IT-Technologie liegt vor allem in der Verknüpfung und gegenseitigen Unterstützung von Mensch, Prozess und Technik.
Vielen Dank an meine Co-Authorin Kathrin Gülzow bei der Texterstellung.
1 Kommentare
Hallo Susanne, für den Bund sind wir ja theoretisch ein Stück weiter: Das Kreislaufwirtschaftsgesetz §45 beinhaltet eine Bevorzugungspflicht für ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen. Es wäre sicher schön, wenn das künftig auch mehr Anwendung findet.