Weltweit ist die Digitalisierung von Ländern, Städten und Unternehmen auf dem Vormarsch. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung ist exponentiell. Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert.
Seit der Lancierung des iPhones sind gerade einmal acht Jahre vergangen. Im Jahr 2015 stehen bereits 180 Milliarden mobile Anwendungen zum Download bereit. Wer hätte es damals für möglich gehalten, dass die Taxibranche – eine der ältesten Dienstleistungen überhaupt – je unter Druck geraten würde und viele Politiker versuchen, mithilfe gesetzlicher Regulierung das Wachstum von Uber einzudämmen? Der Club der „Digital Unicorns“ (Startups mit einem Wert von einer Milliarde US-Dollar, die durch eine herausragende und kundenorientierte Geschäftsidee groß geworden sind), löst die Probleme von Milliarden von Menschen, und neue Innovatoren erobern die Märkte. Keine Branche bleibt von der digitalen Transformation verschont.
Ein führendes globales Unternehmen wie Bosch hat es sich zum Ziel gesetzt, sämtliche Produkte mit dem Internet zu verbinden. Durch intelligente Funktionen und zusätzliche Serviceleistungen wird der Wert der Produkte erheblich gesteigert. Der Wert einer Glühbirne, die im Handel für wenige Euro erhältlich ist, wird durch Vernetzung und Steuerung über W-Lan um das Zehnfache erhöht. Die erfolgreichsten innovativen Unternehmen streben eine „kombinatorische Marktumwälzung“ an, bei der mehrere Wertschöpfungsfaktoren – Kosten, Benutzererfahrung und Plattform – zu neuen bahnbrechenden Geschäftsmodellen mit exponentiellem Wachstumspotenzial verschmelzen.
Wie in jedem Spiel gibt es bei der digitalen Transformation Gewinner, aber auch Teilnehmer, die ihre Chancen nicht nutzen. Welches Risiko einer Marktumwälzung durch innovative Technologien und Serviceleistungen besteht tatsächlich in den einzelnen Branchen?
Am Dienstag, den 23. Juni, eröffneten Cisco und IMD das Global Center for Digital Business Transformation in Lausanne. Jedes Jahr nehmen 8.000 Führungskräfte aus der ganzen Welt an den Managementkursen des IMD teil. Eine einzigartige Möglichkeit, Entscheidungsträger im Hinblick auf die Herausforderungen und Chancen zu schulen, die die digitale Transformation mit sich bringt! Cisco investiert über einen Zeitraum von fünf Jahren zehn Millionen US-Dollar in Mitarbeiter, Technologie wie Videokonferenzsysteme und Forschung.
Bei der Eröffnung lancierte das Center seine erste globale Studie, die aufzeigt, wie Branchen von digitalen Unternehmen neu definiert werden: Digital Vortex, How Digital Disruption is Redefining Industries. Im Rahmen der Studie wurden 941 Führungskräfte aus 13 Ländern und 12 Branchen befragt.
Die Ergebnisse zeigen einen enormen Handlungsbedarf:
- Vier von zehn Unternehmen werden in den nächsten fünf Jahren durch innovative digitale Technologien verdrängt werden.
- Für 45 % der Unternehmen (branchenübergreifender Durchschnitt) ist die digitale Transformation kein Thema auf Vorstandsebene.
- 44 % der Unternehmen leugnen das Risiko einer digitalen Transformation oder werden ihm nicht in vollem Umfang gerecht.
- Nur eines von vier Unternehmen bezeichnet seinen Ansatz zum Thema digitale Innovation als proaktiv und ist auch zu tiefgreifenden Veränderung bereit, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
- Die vier am stärksten gefährdeten Branchen sind Technologie, Medien und Unterhaltung, Einzelhandel und Finanzdienstleistungen.
Branchen am Rande dieses Phänomens sollten wachsam bleiben: Mögliche transformative Innovationen können sowohl von innerhalb, als auch von außerhalb der Branche (Startups) auf den Markt drängen. Als Gewinner geht letztendlich hervor, wer mit einer großen und brillanten Idee ein echtes Kundenproblem löst und keine Angst vor Fehlschlägen hat.
Wie die Studie außerdem offenlegt, werden auch etablierte Wertschöpfungsketten von transformativen Innovationen erfasst, und Branchengrenzen verschwimmen zusehends. Ist Tesla in der Automobilbranche? Oder eher in der Energiebranche? Schließlich hat das Unternehmen erst kürzlich Solarakkus auf den Markt gebracht. Zweifellos ist Tesla auch ein Technologieunternehmen.
Alle Führungskräfte sind sich darin einig, dass die Digitalisierung für Unternehmen und Gesellschaft positiv ist. Tatsächlich betrachten 75 % der befragten Führungskräfte innovative digitale Technologien als Ausdruck des Fortschritts. 72 % sind der Auffassung, dass sie das Angebot an den Kunden aufwerten.
An der Schwelle vom Informationszeitalter zum digitalen Zeitalter sind die Unternehmen erfolgreich, die sich neu erfinden und exponentiell denken. Die digitale Strategie muss dabei zweifelsohne zur Geschäftsstrategie werden. Europa verfügt über die nötigen Voraussetzungen, um im digitalen Zeitalter eine Vorreiterrolle zu übernehmen: Infrastruktur, Know-how und Innovationskraft.
Wir dürfen uns jedoch nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern müssen jetzt auf diesem Fundament aufbauen.
Wir sind bereit – sind Sie es auch?
2 Kommentare
Umso größer ein Unternehmen ist, umso veralteter seine Strukturen und die Personen an der Spitze um so stärker ist die Gefahr für das Unternehmen verdrängt zu werden.
Schönes Beispiel sind dabei immer wieder die Verlage. Sie haben die digitale Revolution der ebooks verschlafen und anstatt neue Lösungsansätze zu bieten, wettern sie gegen denjenigen der den Fortschritt vorangetrieben hat, hier jetzt Amazon.
Gleiche Sache mit den Katalogversandhäusern.
Zerstörerische Kräfte wirken auf Unternehmen. Viele Unternehmen können diesen Kräften nicht entgegenwirken und werden scheitern. Wer heute alles richtig macht kann auch dazu gehören (The Innovator’s Dilemma). Furchtbare Szenarien – und dennoch betrachten viele Manager die digitale Transformation als Vorschritt. Sind diese Kräfte nun gut oder schlecht? Eine schlüssige Antwort gibt es nicht. Es ist wie bei asiatischen Kampfsportarten – man muss die Kräfte zur eigenen Energie umwandeln.