Wie werden Start-ups in Deutschland erfolgreich? Mit Kultur, Veränderungswillen und Talenten
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Aus meiner Sicht wird eines immer deutlicher: Wir brauchen mehr Startups in Deutschland, um bei Innovationen in Deutschland Tempo aufzunehmen. Start-ups sind agil, disruptiv und mutig. So entstehen neue Ideen und Geschäftsmodelle. Auch etablierte Unternehmen kommen so in Bewegung, erneuern sich und erhalten ihre Spitzenposition. Allerdings brauchen wir in Deutschland neue Start-ups nicht im Consumer Umfeld. Wir brauchen sie dort, wo traditionell unsere Stärken liegen: im B2B- und IoT-Bereich. Gemeinsam mit John Chambers (Executive Chairman of Cisco’s Board) habe ich mit deutschen Start-ups diskutiert. Die Erkenntnisse sind spannend – sowohl für Start-ups in Deutschland als auch für etablierte Unternehmen, die lernen und kooperieren wollen.
Veränderung fällt niemandem leicht – nicht mal den Disruptoren selbst.
John Chambers hat es gut zusammengefasst: „Startups need to focus on markets that are in transition to be successful.“ Denn wo sich Märkte verändern, entstehen Chancen – sowohl für Start-ups als auch für etablierte Player. Veränderungsbereitschaft sollte darum eine zentrale Säule für jede Unternehmenskultur sein, auch wenn Menschen das allgemein schwer fällt. Das sehe ich sogar bei Start-ups selbst, wenn sie ihre Geschäftsmodelle wechseln oder Mitarbeiter neue Rollen übernehmen. Wichtig ist, dass Führungskräfte ihre eigenen Verhaltensänderungen mit den Mitarbeitern teilen. Und zwar, indem sie ihren Teams deutlich sagen, was sie von ihnen neues erwarten. Nur wenn Mitarbeiter verstehen, warum Veränderungen wichtig sind, entsteht eine nachhaltige Kultur der Veränderung.
Auch harte Technologie-Start-ups brauchen eine weiche Seite. Und die heißt Kultur.
Die meisten Technologie-Gründer kommen aus dem Ingenieurs-Bereich und legen darum fast komplett den Fokus auf die Entwicklung. Allerdings wird kein Unternehmen ohne Kultur erfolgreich sein. Auch hierfür hat der Chef die Verantwortung und sollte sie vorantreiben. Neben „Strategy“ und „Execution“, sehe ich darum „Culture“ als dritte Kernaufgabe für jeden Chef.
Wie aber kann Kultur auf Produktentwicklung einzahlen? Kultur wird zum Beispiel in klaren Prinzipien lebendig. Für Start-ups ist es unter anderem wichtig, dass wiederholbare Prozesse implementiert werden. Das gilt für On-Boarding und Finanzierung genauso wie für Innovation und Produktentwicklung. So werden Schnelligkeit und Transparenz möglich. Wenn sich das in die Unternehmens-DNA einbrennt, definiert Kultur auch Technologieentwicklung.
Wann müssen Start-ups den Fokus vom Produkt auf Sales wechseln? Nie!
Jedes Start-up muss irgendwann sein Produkt verkaufen und dafür eine Vertriebsmannschaft aufbauen. Am wichtigsten dabei ist: Sales soll den gleichen Stellenwert wie die Produktentwicklung haben, darf aber nicht wichtiger sein. Die Technologieführerschaft darf nicht leiden – das gilt für Start-ups ebenso wie für etablierte Unternehmen.
Wie also lautet das Erfolgsrezept? Es beginnt mit dem richtigen Vertriebs-Chef. Er muss beide Welten vereinen können: Entwicklung und Verkauf. Technologieunternehmen neigen dazu, Technologie-Experten für den Vertrieb einzustellen. Kunden erwarten aber einen Rundumblick und einen Berater, der alle ihre Probleme versteht.
Der Erfolg von Start-ups steht und fällt mit den Mitarbeitern. Und die werden immer anspruchsvoller.
Attraktive Arbeitsbedingungen sind wichtige Argumente für Start-ups, wenn sie um Talente werben. Denn gerade im Wettbewerb mit Konzernen können Gehälter allein meist nicht überzeugen. Darum ist bereits die Auswahl des Standorts bedeutsam. Allein in Deutschland gibt es fünf bis sechs Cluster mit unterschiedlichen Talentschwerpunkten. Wer spezialisierte Fachkräfte braucht, muss zu ihnen kommen. Nicht umgekehrt. Ein Start-up aus der Runde hat beispielsweise fast sein gesamtes Engineering-Team in Südfrankreich platziert, weil dort Lebensqualität und Talentdichte hoch sind. Was kann man noch tun? Ein „einfacher“ Rat von John Chambers: „If you build great new products that catch an inflection point in the market, you will attract talent like a magnet”“.
Und wenn die Toptalente da sind? Es muss alles getan werden, um sie zu halten. Nah ran an die Geschäftsführung, sie mit Respekt behandeln, für sie kämpfen und für sie da sein, wenn es notwendig ist.
Sicherlich, der Hype um Start-ups nimmt mitunter seltsame Formen an. Ich kann jeden verstehen, der diesen Trend skeptisch sieht. Die dahinterliegende Logik ist aber unwiderlegbar und betrifft uns alle: Start-ups ermöglichen Innovation, die wir in Deutschland brauchen. Aber Unternehmen und Gründer sollten sich vor allem selbst fragen, wie sie schneller und offener für Kooperationen werden können. Auch Cisco kann hier mit dem Innovationcenter openBerlin oder der Innovation Alliance für den Mittelstand helfen. Die Voraussetzungen von Start-ups in Deutschland sind nämlich sehr gut, schwärmt auch John Chambers: „German start-ups are a mix of excellent engineering talent, high loyalty and a hunger for success which make a great combination for innovation.“